VL 5 – Quantorentausch & mehrfaches Quantifizieren

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Hallo zusammen,

Kann mir jemand bitte erklären, wie genau der Quantorentausch funktioniert? (Folie 8, VL5) Ich verstehe insbesondere nicht wie man bspw. bei Beispiel 1 von der Zeile 2 zur Zeile 3 kommt. Ich verstehe wie man von Zeile 1 auf Zeile 2 kommt, aber bin verwirrt, wenn der Quantor ganz links jeweils wechselt.

Eine weitere Frage betrifft das mehrfache Quantifizieren auf Folie 7. Wie würde man bspw. Beispiel 4 sprachlich erfassen? In der Vorlesung wurde Beispiel 3 gemäss meiner Notizen folgendermassen sprachlich erfasst: „Für alle Dinge gilt, wenn es ein Schüler ist, dann gibt es etwas, das ein Fahrrad ist und der Schüler besitzt es.“ Ich weiss allerdings nicht, wie ich dies bei den Beispielen 4 und 5 tun kann.

Danke!

  1. FloW

    Liebe*r LuLu

    Zuerst zu deiner ersten Frage:
    Vielleicht hilft es dir bereits, die drei Beispiele möglichst nah an ihren PL-Formeln in deutscher Übersetzung zu lesen.
    Ausgangslage: Ein Zahnrad bewegt alle Hebel.
    1.) ∃x(Px ∧ ∀y(Qy → Rxy)): Es gibt etwas, das ein Zahnrad ist und für alles gilt, wenn es ein Hebel ist, dann bewegt das Zahnrad diesen Hebel.
    2.) ∃x(Px ∧¬∃y(Qy ∧¬Rxy)): Es gibt etwas, das ein Zahnrad ist und es gibt nichts, das ein Hebel ist und nicht von dem Zahnrad bewegt wird.
    3.) ¬∀x(Px → ¬∀y(Qy → Rxy)): Nicht für alles gilt, dass, wenn es ein Zahnrad ist, dann nicht für alles gilt, dass, wenn es ein Hebel ist, das Zahnrad diesen bewegt.
    4.) ¬∀x(Px → ∃y(Qy ∧¬Rxy)): Nicht für alles gilt, dass, wenn es ein Zahnrad ist, es dann etwas gibt, das ein Hebel ist, der nicht vom Zahnrad bewegt wird.

    Wenn das nicht bereits weiter hilft (was in Anbetracht der Komplexität und Unnatürlichkeit dieser Sätze völlig verständlich wäre), hier ein weiterer Erklärungsversuch:
    Du schreibst, es verwirre dich, wenn der Quantor ganz links wechselt. Diese Verwirrung löst sich vielleicht auf, wenn du die Hierarchie der Formalisierung genauer betrachtest. Nehmen wir die 1. Formel: ∃x(Px ∧ ∀y(Qy → Rxy))
    Der Quantor ganz links ist jeweils der Hauptquantor, er bindet am wenigsten stark. An zweiter Stelle steht hier die Konjunktion. Die beiden Konjunktionsglieder sind Px auf der einen und die komplexe Formel ∀y(Qy → Rxy) auf der anderen Seite. An dritter Stelle kommt dann der Allquantor und an vierter Stelle steht das Konditional, das also am stärksten bindet.
    Wichtig für deine Frage ist dabei nun besonders die Erkenntnis, dass die komplexe Formel ∀y(Qy → Rxy) lediglich eines der beiden Konjunktionsglieder ist. Der Einfachheithalber können wir also für den Quantorentausch so tun, als stände nur die Formel ∃x(Px ∧ Qx) da, wobei Qx nun stellvertretend für ∀y(Qy → Rxy) eingesetzt wird.
    Will man in der Formel ∃x(Px ∧ Qx) den Quantor tauschen, führt das zu ¬∀x(Px →¬Qx), oder sprachlich ausgedrückt zB: ∃x(Px ∧ Qx): Einige Hunde sind treu (bzw: Es gibt etwas, das ein Hund und das treu ist).
    ¬∀x(Px →¬Qx): Nicht alle Hunde sind nicht treu (bzw: Nicht für alles gilt, dass, wenn es ein Hund ist, es dann nicht treu ist).
    Vgl. VL5, Seite 6, Bsp. (7).

    Nachdem wir nun also von ∃x(Px ∧ Qx) auf ¬∀x(Px →¬Qx) gekommen sind, müssen wir nur für Qx wieder die ursprüngliche, komplexe Formel einsetzen, also ∀y(Qy → Rxy), und schon landen wir bei der Formel ¬∀x(Px → ¬∀y(Qy → Rxy)).

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    • FloW

      Nun zur 2. Frage:
      Wie schon in der Erläuterung zur ersten Frage ersichtlich, sind PL-Nahe Versprachlichungen nicht immer sehr verständlich.
      Dennoch sollte es eigentlich immer machbar sein.

      Für Bsp. 4 würde das zB so lauten:
      ¬∃x(Px ∧ ∀y(Qyx ➝ Rxy))
      Px: x ist ein Schüler. Qxy: x ist ein Mitschüler von y.
      Rxy: x kennt y
      –> Es gibt nichts, das ein Schüler ist und für den für alles gilt, dass, wenn es ein Mitschüler von diesem Schüler ist, der Schüler diesen Mitschüler dann kennt. (Oder etwas vereinfacht: Es gibt keinen Schüler, der alles kennt, wenn es sein Mitschüler ist.)

      Und für Bsp. 5:
      ∃x(Px ∧ ∃y(Qy ∧ Rxy))
      Px: x ist ein Mensch. Qx: x ist ein Auto.
      Rxy: x besitzt y.
      –>Es gibt etwas, für das gilt, dass es ein Mensch ist und es etwas gibt, für das gilt, dass es ein Auto ist, und dass der Mensch dieses Auto besitzt. (Oder: Es gibt mind. einen Menschen, für den es mind. ein Auto gibt, das dieser besitzt.)

      Ich hoffe, ich konnte deine Fragen beantworten. Sonst darfst/sollst du gerne nachfragen 🙂

      Liebe Grüsse
      Flo

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