Einige Fragen

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Liebe Tutoren/innen

Ich habe noch einige Fragen zu verschiedenen VL und Übungen.

  1. Verstehe ich das so richtig, dass nach Frege die Funktion 2 + ( ) = 5 einen Begriff darstellt, da es sich um eine Funktion handelt deren Wert immer ein Wahrheitswert ist?
  2. Beim Übungsblatt 4 bin ich ein wenig verwirrt, wie bei der Übersetzung von AL in die Begriffsschrift, bezüglich der Satzkonstanten p, q, r, … und A, B, C, …, vorgegangen wird. D.h. in Aufgabe 2 wird bei a) und b) p mit B und q mit A übersetzt, bei c) und d) p mit A und q mit B, bei e) p mit C, usw. . In Aufgabe 3 b) p mit A und q mit D,… Gibt es irgendeine Regel, die ich beachten muss oder ist es letztendlich einfach egal, solange ich innerhalb der Aufgabe konstant bleibe?
  3. Übungsblatt 8: Wieso sind die Satzpaare bei Aufgabe 1 b) kompatibel? Und gibt es einen Grund dafür, dass bei Aufgabe 7 nicht mehr mit Welt (n) am Ende der Formel begonnen wird, sondern mit (m) oder könnte auch mit (n) beginnen (d.h. es ist egal)?
  4. Vorlesung 9: Was genau bedeutet die Substitutionsregel, bzw. was ist alles erlaubt? Darf ich beliebig ersetzen: z.B. p durch Nicht- p, p durch (p –> q), …? Und was bedeutet das umgekehrte T im Kalkül des natürlichen Schliessens?

Ich hoffe die Fragen sind einigermassen verständlich 🙂

Vielen Dank für die Antwort.

Sarah

  1. Alex

    Liebe Sarah

    Ich werde versuchen deine Fragen knapp, aber trotzdem klar und genau zu beantworten. Falls meine Erläuterungen zu knapp sind und infolge dessen noch Unklarheiten bestehen bleiben, darfst du gerne nachfragen.

    1. Frege definiert Begriff folgendermassen: „ein Begriff ist eine Funktion, deren Wert immer ein Wahrheitswert ist.“ (Funktion und Begriff 133) Wir sind uns wohl einig, dass 2 + ( ) = 5 eine Funktion ist, denn eine Funktion ist das, was „unvollständig, ergänzungsbedürftig oder ungesättigt zu nennen [ist].“ (Funktion und Begriff 128) Um nun einen Wert zu erhalten, müssen wir in die Leerstelle der Funktion ein Argument einsetzen. Egal, welches Argument wir in die Funktion 2 + ( ) = 5 einsetzen, wir erhalten immer einen Wahrheitswert: für alle Argumente ausser der Zahl drei das Falsche, für die Zahl drei aber das Wahre (vgl. dazu VL 04 Folie 12). Kurz: Ja, 2 + ( ) = 5 ist ein Begriff im Sinne Freges und zwar der Begriff des um zwei vermehrt fünf Ergebens.

    2. Deine Beobachtung stimmt. Es ist nicht relevant welche AL-Satzkonstante du mit welchem Grossbuchstaben wiedergibst, solange du innerhalb einer Aufgabe konsequent alle p durch denselben Grossbuchstaben ersetzt, alle q durch einen davon verschiedenen, aber konsequent immer denselben Grossbuchstaben etc. ersetzt.
    Hier gilt es noch anzumerken, dass es bei uns Konvention ist, dass wir beim Übersetzen einer AL/PL-Formel in die Begriffsschrift für AL-Formeln die Grossbuchstaben am Beginn des Alphabets verwenden, für PL-Formeln hingegen die griechischen Grossbuchstaben am Ende des Alphabets (also Φ, Ψ, Χ; vgl. dazu Übungsblatt 04 und VL04 bes. Folie 18).

    3. Hier verstecken sich zwei Fragen:
    Zunächst zur Kompatibilität bei 1 b): Hier geht es um die Modallogik. Dabei ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass sich die Modallogik auf die Idee der möglichen Welten stützt (vgl. VL08 Folie 4): Eine Aussage ist notwendigerweise wahr, gdw. sie in allen möglichen Welten wahr ist, und sie ist möglicherweise wahr, gdw. sie in mindestens einer Welt wahr ist.
    Bei Aufgabe 1 b) ist streng genommen unklar, was mit „p ist wahr“ gemeint ist. Bedeutet „p ist wahr“, dass es notwendigerweise wahr ist, dass es möglicherweise wahr ist oder, dass es einfach in unserer, der aktualen Welt wahr ist? Weil notwendigerweise und möglicherweise in dieser Aufgabe immer explizit dastehten, liegt die Annahme nahe, dass „p ist wahr“ sich auf unsere Welt bezieht. Dies bedeutet dann, dass es eine mögliche Welt (nämlich unsere) gibt, in der p wahr ist. Diese Aussage ist kompatible mit der Aussage, dass p möglicherweise (das heisst in einer anderen, beliebigen möglichen Welt) falsch ist.

    Nun zu den Indices bei modallogischen Formeln: Es ist irrelevant, ob du mit einem (m) oder einem (n) beginnst. Wichtig ist nur, dass du die Kleinbuchstaben n, m, l, k, j, i, … verwendest, damit sie klar unterscheidbar von Satzkostanten (p, q, r, …) in AL und von Individuenkonstanten (a, b, c …) und Individuenvariablen (x, y, z, …) in PL bleiben.

    4. Auch hier sind zwei Fragen enthalten:
    Die Substitutionsregel für den axiomatischen Kalkül für AL lautet: „Gleiche Satzkonstanten in einem Axiom können durch gleiche AL-Formeln ersetzt werden.“ (VL09 Folie 4. Dies ist die massgebliche Regel und nicht identisch mit der Regel auf Folie 6, die aufgrund ihrer Ungenauigkeit falsch ist!) Dies bedeutet, du darfst in jedem eingeführten Axiom die Satzkonstanten p, q oder r durch eine beliebig komplexe Formel ersetzen: zum Beispiel p durch s, durch ¬s, durch ¬p, durch (p∨q) oder durch ((r∨s)∧¬(q∧¬p→r)). Was du aber nicht tun darfst, ist, zwei Satzkonstanten in einem Schritt zu substituieren. Mit anderen Worten, um beispielsweise vom Axiom 1 (p→(q→p)) zur Formel (q→(p→q)) zu gelangen, musst du p zuerst durch r, dann q durch p und schliesslich r durch q ersetzen und darfst nicht in einem Schritt p durch q und gleichzeitig q durch p ersetzen (vgl. dazu ML09 1a).
    Beachte zudem, dass in der Substitutionsregel nur von Axiomen die Rede ist. Bei einer Ableitung ist es also nicht erlaubt, eine Prämisse einzuführen und bei dieser Satzkonstanten durch Formeln zu ersetzen.

    Und zuletzt zum „umgekehrten T“ im Kalkül des natürlichen Schliessens: Das Symbol ⊥ bedeutet, dass ein Widerspruch vorliegt. Wenn du also siehst, dass im Verlauf deines Beweises irgendwo eine Formel und ihre Negation vorkommen, darfst du als nächsten Schritt ein ⊥ hinschreiben (Regel (E¬)). Sobald du ein ⊥ hast, kannst du mit der Regel (I¬) oder (EFQ) weiterfahren. Dies ist deshalb sehr wichtig, weil die Regel (I¬) eine der zwei Möglichkeiten darstellt, die Abhängigkeit von der getroffenen Hypothese (*) loszuwerden, was vor allem bei indirekten Beweisen relevant ist.

    Ich hoffe, ich habe deine Fragen richtig verstanden und konnte sie hiermit verständlich beantworten. Ansonsten wie gesagt nachfragen – hier oder in einem Tutorat/dem Monstertutorat.

    Lieber Gruss,
    Alex

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